Tilidin

Wird Suchtgefahr durch Tilidin übertrieben?

Suchtgefahr durch Tilidin? Berichte über süchtige Jugendliche, die das Medikament als Droge verwenden, verunsichern Patienten, die Tilidin als Schmerzmittel einnehmen. Nach Ansicht des Vizepräsidenten der Deutschen Schmerzliga ist diese Sorge jedoch unbegründet.

Kaum psychische Suchtgefahr durch Tilidin für Schmerzpatienten

Immer wieder liest man in den Medien von Jugendlichen, die Tilidin als Droge konsumieren und nach kurzer Zeit abhängig werden. Viele Patienten, die das Medikament zur Behandlung ihrer Schmerzen benötigen, werden dadurch verunsichert. Wie die Frankfurter Rundschau schon vor längerer Zeit berichtete, gibt es dafür jedoch keinen Grund. Nicht die Substanz an sich sei das Problem, sondern die Darreichungsform. Wer Tilidin als Schmerzmittel nimmt, bekommt in der Regel Tabletten. Diese geben den Wirkstoff verzögert ab, so dass er langsam und gleichmäßig über einen längeren Zeitraum die Schmerzen lindert. Der Patient spürt nur, dass der Schmerz nachlässt. Er wird nicht süchtig oder abhängig. Tilidin-Tropfen sind zwar in bestimmten Fällen – zum Beispiel, wenn eine schnelle Linderung akuter Schmerzen erforderlich ist – ein wirksames und zuverlässiges Medikament, doch für eine Langzeittherapie werden die meisten Patienten auf Retardtabletten eingestellt.

Menschen, die das Schmerzmittel als Droge verwenden, sind jedoch an einem anderen Effekt interessiert. Da Tilidin-Tropfen viel schneller ins Blut gelangen als Tabletten, kommt es im Körper zu einer vorübergehenden Überdosierung. Diese ist mit einer starken Euphorie verbunden, der Konsument ist „high“. Das ist sehr angenehm und führt nach kurzer Zeit zu einer psychischen Abhängigkeit. Schmerzpatienten, die das Medikament in der vom Arzt verordneten Dosis einnehmen, verspüren dieses Gefühl nicht. Sie werden also nicht psychisch abhängig.

Körperliche Abhängigkeit

Sowohl bei Drogenabhängigen als auch bei „echten“ Patienten verändern sich jedoch die Rezeptoren im Gehirn, die auf Opioide ansprechen. Dies führt bei beiden Gruppen zu einer körperlichen Abhängigkeit. Deshalb sollte die Dosis nach längerem Gebrauch langsam reduziert werden. So hat der Körper die Möglichkeit, sich in Ruhe an die geringere Wirkstoffmenge anzupassen und schließlich ganz ohne das Medikament auszukommen. Bei Patienten ohne psychische Abhängigkeit funktioniert das in der Regel sehr gut. Nach längerem Missbrauch kommt jedoch zur körperlichen auch eine psychische Abhängigkeit hinzu, was den Entzug sehr erschwert.

Auch bei der Wirkstoffmenge gibt es Unterschiede. Abhängige, die ihre Tilidin-Tropfen rezeptfrei auf dem Schwarzmarkt kaufen, nehmen nach Angaben von Experten bis zu 2500 mg ein. Zur Schmerzbehandlung werden dagegen nur 300 mg bis 600 mg, in seltenen Ausnahmen maximal 1800 mg benötigt. Für solche Zusatzinformationen ist in der sensationslüsternen Berichterstattung der Medien oft kein Platz. Dort wird die Suchtgefahr von Tilidin stark übertrieben dargestellt. Wer aber aus medizinischen Gründen auf das Medikament angewiesen ist, sollte sich davon nicht verunsichern lassen.

Quelle

Frauke Haß: Tilidin – Keine Suchtgefahr für Schmerzpatienten. In: Frankfurter Rundschau online. 22. Mai 2009


Symbolbild Suchtgefahr durch Tilidin


Tilidin und Phenprocoumon (Marcumar)

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